Vielfältiges Design-Studium in internationaler Umgebung

Vu Thanh Chu studiert Grafikdesign und Visuelle Kommunikation im 5. Semester an der HMKW Berlin. Hier berichtet er von seinen liebsten Studienprojekten, seinen Plänen für die Zukunft, und er gibt angehenden Design-Studierenden Tipps für ihr Studium an der HMKW.

Vu Thanh Chu, Studierender des B.A. Grafikdesign und Visuelle Kommunikation.

Vu Thanh Chu, Studierender des B.A. Grafikdesign und Visuelle Kommunikation.

Was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an die HMKW denken?

Wenn ich an die HMKW denke, fallen mir gleich mehrere Dinge ein: Die internationalen Studenten aus allen Ecken der Welt, die Professoren und Dozenten, ein gespaltenes Studentenleben zwischen Lockdown und Präsenz sowie meine persönliche Entwicklung im Bereich Design und Mentalität.

Andererseits werde ich auch für immer die HMKW mit dem Weißraumauto assoziieren, ein nicht offizieller Begriff für das Beachten eines passenden Abstandes zwischen Elementen auf einer Seite aus dem Layout-Seminar von Prof. Andine Müller.

Warum haben Sie sich für den Studiengang "B.A. Grafikdesign und Visuelle Kommunikation" entschieden?

Um meine Entscheidung gut verstehen zu können, muss ich meine gesamte Hintergrundgeschichte dazu präsentieren. Denn mein ganzes Leben lang bis kurz nach dem Abitur habe ich daran geglaubt, dass ich in die Medizin gehen würde. Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die in diesem Feld tätig sind, war mein Anreiz nur, dass ich meine Eltern besänftigen will. Denn diese hatten schon immer andere Pläne für mich und haben mir immer indirekt und direkt eingeredet Medizin zu studieren. Nachdem ich meine Abiturergebnisse erhalten habe, welche zwar gut waren, aber nicht gut genug für ein Medizinstudium, habe ich beschlossen selber nach einem Studium zu suchen.

Nachdem ich meine Eltern nach einem stürmischen Hin und Her überzeugt habe mit einem möglichen Lebensplan mit einer Karriere im Bereich Design, habe ich mich auf die Suche nach einer Uni mit einem passenden Studiengang gemacht. Für mich war es wichtig in einer möglichst internationalen Umgebung zu studieren, denn ich wollte ursprünglich aus Deutschland raus, und mich in Englisch ausdrücken fand ich schon immer befreiter als auf Deutsch, weshalb ich mich für Berlin entschieden habe und darauffolgend für die HMKW - da der Studiengang "Grafikdesign und Visuelle Kommunikation" der HMKW sehr viele Bereiche des Design-Feldes im Lehrplan beinhaltet und ich noch keine Spezialisierung hatte in dem Moment.

Ich habe mich am Anfang für den englischen Studiengang eingetragen, welcher aber nicht in dem Jahr zusammen kommen konnte wegen der Pandemie, weshalb ich mich dann für den deutschsprachigen angemeldet habe, da man mir gesagt hatte, dass es die Möglichkeit gäbe auch englische Texte für Abgaben zu verfassen.

Welches Seminar/Projekt hat Ihnen bisher am besten gefallen?

Meine Lieblingsseminare und gleichzeitig Lieblingsprojekte waren Film- und Postproduktion und Motion Design. In Film- und Postproduktion habe ich meinen ersten eigenen Kurzfilm mit dem Namen "A Journey Within" produzieren können. "A Journey Within" ist ein Fantasy-Kurzfilm mit Horror-Elementen, welcher die Geschichte einer in einem grauen sich wiederholenden Alltag gefangenen Büroangestellten im Homeoffice erzählt. Der Kurzfilm ist von mir alleine konzipiert, gedreht und abschließend bearbeitet worden, und vermittelt anhand einer surrealen Geschichte ohne gesprochene Worte meine persönlichen Ideale und Werte.

 

 

In Motion Design war die Abschlussaufgabe ein Erklärvideo zu erstellen. Mein Video mit dem Titel "The Tale of Chopsticks", behandelt wie der Titel aussagt, die Geschichte der Essstäbchen, aber auch die kulturelle Bedeutung dieser. Meine Animation erklärt aber nicht linear den Inhalt, sondern verpackt die Informationen in eine Erzählung, die bis auf ein paar einzelne Ausnahmen, im normalen Alltag auch auffindbar wäre. Für das Thema habe ich mich entschieden, da ich mit meinem Aufwachsen in Deutschland schon sehr oft mit normalisiertem Rassismus gegenüber Asiaten, vor allem während meiner Schulzeit, konfrontiert wurde.

Außerdem konnte ich mich persönlich auch mit meinem eigenen kulturellen Hintergrund befassen, was zumindest basierend auf meiner Erfahrung nicht oft geschieht bei Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund aufgrund der Assimilation in die dominante Kultur. Jedenfalls sind das meine zwei Arbeiten, auf die ich sehr stolz bin, da diese wie gesagt meine allerersten eigenen großen Projekte in diesem Feld gewesen sind.

 

 

Weiterhin möchte ich auch kurz das Seminar "Grundlagen Interface- und Interaktionsdesign" lobend erwähnen, wo wir als Abschlussleistung einen Online-Shop für ein unmögliches Produkt in Figma bauen mussten. Mein Shop "The Alleyway Dream Shop" verkauft Traumtickets, also Tickets mit denen man aussuchen kann, was man beim nächsten Schlafengehen "erträumt". In dieses Werk habe ich auch sehr viel Zeit hineingesteckt, begleitet mit sehr viel Stress. Kein Pflichtseminar, aber der Chinesisch-Wahlpflichtkurs hat mir auch sehr geholfen, da ich mich dort auch mit Kultur befassen konnte.

 

 

Was war die bisher größte Herausforderung während ihres Studiums?

Die größte Herausforderung während des Studiums war es, für mich einen Kompromiss zwischen meinem persönlichen Stil und dem professionell Erwünschtem zu finden. Denn wie man den vorherigen Textzeilen entnehmen kann, bin ich eine Person, die es hasst, eingeschränkt zu werden. Das war besonders während des Layout-Seminars das Kernproblem für mich. Man könnte sagen, dass das der Vorgeschmack für die Arbeitswelt gewesen ist, wo man sich an ein vorgegebenes Muster oder an besondere Wünsche der Kunden halten muss.

Nun steht bald die Bachelorarbeit an – haben Sie schon eine Idee, womit Sie sich beschäftigen möchten?

Also bisher ist noch nichts definitiv und ich habe nur allerlei Gedanken dazu in meinem Kopf. Aber wie man wahrscheinlich gemerkt hat, bin ich sehr begeistert von den Kulturen der Welt, weshalb ich wahrscheinlich in diese Richtung gehen möchte. Als praktische Idee habe ich über sowas wie ein Redesign für verschiedene Reisepässe der Welt nachgedacht. Zumindest kreative Designs wie die Nordlichter im norwegischen oder das Daumenkino eines Elches im finnischen Reisepass lassen sich sehen in der Welt der Reisepässe. Allerdings bin ich auch sehr begeistert von Videoproduktion und Animation, daher möchte ich mich noch nicht endgültig festlegen.

 

Wie ist das Leben in Berlin? War es einfach für Sie, sich einzuleben? Würden Sie gerne hierbleiben?

Für mich ist das Leben zumindest von der Umgebung komplett anders, als ich es ursprünglich gewöhnt bin, denn ich bin auf Rügen geboren und aufgewachsen. In Berlin kann man das meiste, was man im Moment braucht, schnell in der Nähe wiederfinden, während man auf der Insel seltenere oder kostbarere Dinge bestellen muss oder beim nächsten Großstadtbesuch einkaufen muss. Deshalb ist das Leben in Berlin komfortabler, wenn es um solche materialistischen Angelegenheiten geht. Außerdem mag ich die internationale und diverse Bevölkerung in Berlin. Man kann deshalb immer was Neues entdecken und ausprobieren, was einer der Vorteile für das Leben hier ist. Andererseits, weil so viele Menschen hier sind, denke ich immer daran, wie ich auf die Außenwelt wirke.

Als neues Zuhause würde ich Berlin aber nicht betrachten wollen, eher als eine Zwischenstation in meinem Leben. Denn eines meiner Lebensziele ist es auszuwandern nach Japan und dort den Rest meines Lebens zu verbringen. Mir gefallen die kulinarische Situation, die Kunst, Ästhetik, die Philosophien und die Landschaften viel mehr als woanders. Bei keinem anderen Land hatte ich bisher diese große Sehnsucht danach dort hinzureisen oder überhaupt zu leben. Das hört sich sehr glorifizierend an, aber ich bin mir auch der realeren und negativen Seiten bewusst wie zum Beispiel die Naturkatastrophen oder die Überarbeitung der Angestellten und die damit verbundenen mentalen und physischen Gesundheitsschäden, um zwei Beispiele zu nennen. Dass man die Sprache und die drei Schriftsysteme lernen muss, ist mir auch klar. Aber wenn man auswandern will, muss man die Hürden in Kauf nehmen. Egal, wo man lebt, die Münze hat immer zwei Seiten.

Was raten Sie (angehenden) Studierenden, die über ein Studium im Fach Grafikdesign und Visuelle Kommunikation an der HMKW nachdenken?

Sie sollten sich vor Augen führen, wo sie stehen. Es ist wichtig Ideale und Ziele zu definieren, an denen man sich festhalten kann, in Zeiten von Ungewissheit. Selbst wenn sich diese dann im Laufe des Studiums ändern, dann sind diese Ambitionen immer noch das, was einen ausmacht. Denn in unserem Designfeld werden wir konstant von Meinungen und Regeln für ein bestimmtes Corporate Design bombardiert und dazu ändern sich die Trends auch noch ständig. Deswegen ist es einfach, sich in der Masse zu verlieren und eifrig dem Populären hinterherzurennen. Damit will ich nicht aussagen, dass es falsch ist, Vorbilder zu haben, denn diese sind immer eine gute Quelle für Inspiration.

 

 

Meine Intention ist es zu verdeutlichen, dass man nur Erfolg hat, wenn man an seinem persönlichen Stil konstant dranbleibt, ihn weiterentwickelt bis er schließlich noch im professionellen Feld mitwirken kann. Das ist etwas, was einem niemand sagt vor dem Beginn des Design-Studiums. Es ist deshalb auch etwas, woran ich momentan während des Studiums arbeite, und ich kann daher gut die Frustration auf dem Weg zum professionellen Designer verstehen. Aber wenn man sich ständig für andere ändert und sich selbst verkauft, dann hat man spätestens dann, wenn sich die ganze Welt gegen einen verschwört, nicht mal mehr sich selbst.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich bin eine Person mit zu vielen Zielen und zu wenig Zeit, weshalb ich in der Zukunft meine freie Zeit in die Vollendung meiner eigenen persönlichen Ziele und Projekte stecken will. Dazu gehören unter anderem auch eine Verbesserung meiner Fähigkeiten in Grafikdesign, Motion Design und Videobearbeitung. Ich will nämlich lieber in den Bereich Videoproduktion reingehen in der Zukunft.

Weiterhin wie ich Berlin als Zwischenstation in meinem Leben ansehe, wäre in einer idealen Welt die nächste Station in Südkorea, um meine Bildung im Bereich Videoproduktion weiter zu vertiefen und ggf. ein paar Jahre zu arbeiten. Dort gefällt mir die Qualität der Videos, insbesondere die Musikvideoproduktion sehr, weshalb es mich nach dort zieht. Von dort nach Japan oder nach Vietnam, um meine restliche Familie zu besuchen, ist es auch nicht weit. Weiterhin habe ich mir ebenfalls vorgenommen, meine Sprachkenntnisse auszuweiten und zu verbessern mit Hinblick auf meine Ziele. Jedenfalls in näherer Zukunft steht jedoch bei mir als nächstes die Vollendung meines Pflichtpraktikums an.

Vielen Dank für die ausführlichen Einblicke in Ihr Studium. Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihren Abschluss und Berufseinstieg!