Transformation in der Automobilbranche

Unter dem Titel „degrowth vs. green growth“ fasste Prof. Dr. Gerhard Prätorius von der TU Braunschweig in seinem vielschichtigen Gastbeitrag an der HMKW Köln die Narrative einer sozialökologischen Transformation zusammen. Im Rahmen des Ringvorlesungsformats „Transformation“ wagte der Gastreferent einen Blick in die Zukunft des Autos und identifizierte vier Megatrends.

Prof. Dr. Gerhard Prätorius hielt seinen Vortrag online via Zoom.

Prof. Dr. Gerhard Prätorius hielt seinen Vortrag online via Zoom.

Die zweite Ringvorlesung zum Thema „Transformation“ im Sommersemester 2021 an der HMKW Köln hielt am vergangenen Mittwoch Prof. Dr. Gerhard Prätorius. Der ehemalige Leiter der Nachhaltigkeit im Volkswagen-Konzern lehrt an der TU Braunschweig „Mobilität und Nachhaltigkeit“. In seinem einstündigen Vortrag ging es um die Entwicklung und Bedeutung des Verkehrssektors und der Automobilbranche mit Blick auf den Klimawandel. Schnell machte Prätorius klar: Angesichts kontinuierlich steigender Emissionen und der bevorstehenden Kipppunkte sei eine „Vollbremsung für das Klima notwendig“. Mit Blick auf den Verkehrssektor erläuterte Prätorius die beiden gegensätzlichen Ansätze von „degrowth“ und „green growth“. Bei eher zunehmender Mobilität komme als klimafreundliche Alternative nur die „Defossilisierung des Sektors“ durch Elektromobilität in Frage. Was diese technische Weiterentwicklung in der Vergangenheit ausgebremst hat, erklärte er mit dem gesellschaftlichen Stellenwert des Autos, eines ökonomischen Lock-in-Effekts und der schleppenden Regulierung seitens der Politik. Sozusagen als neue Player seien nun der von Greta Thunberg initiierte zivilgesellschaftliche Impuls sowie die Judikative aufgetreten, etwa das Bundesverfassungsgericht mit dem jüngsten Urteil zugunsten der Aktivist:innen und im Sinne des Klimaschutzes als „intertemporaler Freiheitssicherung“.

Prätorius machte auch klar, dass neben politischer und unternehmerischer Governance bei der Transformation auch das Kommunikatorische wichtig sei, also das, wozu an der HMKW ausgebildet werde. Er erwarte eine "polarisierte Debatte". So müssten der Wandel und neue Technologien und Services kommuniziert und erläutert werden. Auch sei der konstruktive Dialog zwischen Autokritiker:innen und -entwickler:innen bei der Planung künftiger Lebensräume aufgrund teils unversöhnlicher Standpunkte eine Herausforderung.


Auch wenn oder gerade weil sich in Prätorius umfangreichem Vortrag nicht wenige desillusionierende Statistiken fanden, machte seine Identifikation der vier Megatrends, nämlich Elektrifizierung, Digitalisierung, Autonomes Fahren und Mobility as a Service (MaaS), als Innovationsfelder in der Automobilindustrie neugierig auf die Weiterentwicklung des Autos – und dessen künftige Rolle in der Mobilitätswende. Auch in der anschließenden Diskussion mit den Studierenden und Lehrenden der HMKW wurde deutlich, wie viele verschiedene Aspekte in der Debatte um die Zukunft des Autos und bei dessen Weiterentwicklung zu berücksichtigen sind.

Vielen Dank an Prof. Dr. Gerhard Prätorius für den spannenden Vortrag auf Einladung von HMKW-Prorektor Prof. Dr. Martin Beckenkamp (Fachbereich Psychologie) sowie für die rege Beteiligung seitens der Zuhörer:innen!

 

Der nächste Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Transformation“ findet am 16.06. für ein hochschulöffentliches Publikum statt. Auf Einladung des Fachbereichs Journalismus und Kommunikation referiert Gastredner Jun.-Prof. Dr. Fabian Prochazka (Universität Erfurt) über Vertrauen in Medien.