SCCT-Krisentheorie vorgestellt
Prof. Dr. Timothy Coombs hielt auf Einladung von Dr. Nanette Besson, Professorin für Unternehmenskommunikation im Kölner HMKW-Fachbereich für Journalismus und Kommunikation, einen spannenden Gastvortrag im Rahmen der Ringvorlesung. Er stellte die neuesten Erkenntnisse zu seiner etablierten und international anerkannten SCCT-Krisentheorie vor, die zum Standardlehrwerk der PR und Unternehmenskommunikation gehört. Prof. Dr. Coombs entwickelte die Situational Crisis Communication Theory 2007 auf der Basis der Attributionstheorie. Sie erklärt Krisensituationen durch die Verbindung von Verantwortung, Krisenreaktion und Reputationsschaden. In empirischen Studien wurde mit meist experimentellen Designs der Zusammenhang zwischen Krisenbewältigungsstrategie und Auswirkungen auf Empfehlungsverhalten, Kaufabsicht und Aktienkurs untersucht.
Bei schwachen Krisen, die Prof. Dr. Coombs als „Para-Krise“ bezeichnet, und bei mittelstarken Krisen wurde der Zusammenhang zwischen empfohlenem Krisenverhalten und Effekt nachgewiesen. Es fand bei diesen Krisen eine indirekte „Dritt-Parteien-Bestrafung“ statt, indem das eigene Verhalten verändert wurde. Bei moralisch verwerflichen Krisen hingegen werde eine unmittelbare, direkte Bestrafung gefordert. Effekte auf die Reputation, die nur unmittelbar und zeitversetzt einsetzen, seien in „Scansis“-Krisen irrelevant. Die moralische Verurteilung erzeuge ein sofortiges „An-den-Pranger-Stellen“.
Unterschiedliche Kulturen
Der US-Kommunikationswissenschaftler stellte den Unterschied von „Opfer“-Kommunikation und „Nicht-Opfer“-Kommunikation heraus. Die Geschädigtenkommunikation sei im Krisenfall meist nicht öffentlich und könne daher nicht empirisch untersucht werden. Die größere Stakeholder-Gruppe sei die der „Unbeteiligten“, die jedoch eine sehr große Gefahr für das Unternehmen darstellen würden.
Auch den Einfluss von Kultur auf die Stakeholder-Erwartungen stellte Coombs dar: Die amerikanische Kultur erzeuge bei Unternehmen, die Schuld eingestehen, die Angst vor Prozesslawinen mit immensen Regressforderungen. In anderen Ländern hingegen gelte die Entschuldigung eines Unternehmens als ehrenwert und werde selbstverständlich erwartet. Der kulturelle Umgang mit Fehlverhalten und Schuldeingeständnissen sei bei der Krisenbewältigung also zwingend zu berücksichtigen.
Klassische Medien weiterhin gefragt
In der Krisenkommunikation sollten alle Kanäle genutzt werden, nicht nur Social Media, empfahl Prof. Dr. Coombs. Er stellte klar, dass auch klassische Medien und persönliche Kommunikation zum Einsatz kommen müssten, um alle relevanten Stakeholder zu erreichen. So seien zum Beispiel auch klassische Aushänge und E-Mails gefragt.
Zuletzt wies Coombs darauf hin, dass der Austausch zwischen PR-Praktiker:innen und PR-Wissenschaft für die Erforschung der Prozesse und Zusammenhänge in der Krisenkommunikation schon immer unerlässlich gewesen sei und dies auch so bleiben werde, um das Funktionieren von Kommunikationsstrategien zu erproben und die Legitimität von Theorien zu prüfen.