Berlin: Launch des Hochschulmagazins obacht_

Am 13. April wurde das neue Hochschulmagazin obacht_ veröffentlicht. Vor dem Launch Event an der HMKW Berlin haben wir das obacht_ Team interviewt. 

Die erste Ausgabe des Magazins ist nun online auf www.obacht-magazin.de. Wir haben Chefredakteur Thorsten Gutmann und stellvertretende Chefredakteurin und Mitgründerin des Magazins Ciara Mac Gowan, Studierende des B.A. Journalismus und Unternehmenskommunikation, zur Entstehung von obacht_ befragt. 

Thorsten befindet sich in der Abschlussphase seines Journalismus-Bachelors. Er arbeitete in diversen Print- und Online-Redaktionen in Russland und Deutschland. Dem Studierendenmagazin möchte er auch im nächsten Jahr treu bleiben. Ciara kommt aus Frankfurt am Main und studiert seit 2014 an der HMKW. Sie sammelte Erfahrungen in den Bereichen Unternehmenskommunikation und Online-Marketing. Derzeit arbeitet sie bei einem Online-Netzwerk für Werbeprospekte.

Wie kam die Idee zustande, eine Zeitschrift zu gründen?

Ciara: Als ich an die HMKW gekommen bin, fiel mir direkt auf, dass es keine Studentenzeitung gab. Das habe ich nicht verstanden, weil hier sowohl Grafiker als auch Journalisten studieren. Ich hätte gerne zu Beginn meines Studiums eine Möglichkeit gehabt, als Journalistin Erfahrungen zu sammeln und veröffentlicht zu werden. Letzten Sommer habe ich dann Thorsten getroffen. Er war schon länger an der Hochschule und hatte Lust, irgendwas aufzubauen.

Wie kam es zum Titel "obacht_"?

Ciara: Die Redaktion und die Grafiker hatten einige tolle Namensvorschläge. Aber da stießen wir schon auf eine Hürde. Die erste Idee mussten wir aus markenrechtlichen Gründen über Bord werfen. 

Thorsten: Die Mehrheit hat sich schließlich für obacht_ entschieden. Wir fanden den Namen visuell und als aussagekräftiges Signalwort passend für das Magazin.

Wie hoch ist die Auflage, wie oft soll obacht_ erscheinen und wo wird das Magazin erhältlich sein?

Ciara: Die erste Auflage liegt bei 600 Exemplaren. Für die nächsten Ausgaben ist eine höhere Auflage vorgesehen. Das Magazin bleibt vorerst kostenlos und soll viermal jährlich erscheinen. Neben der HMKW möchten wir auch die Universität der Künste und die FU Berlin als Distributionskanäle nutzen. Ein Internet-Auftritt ist in Planung.

Im Editorial beschreiben Sie obacht_ als Hochschulmagazin. Ist ihre Zielgruppe auch außerhalb der HMKW zu finden? 

Thorsten: Das Magazin soll als selbstorganisiertes Projekt von Studierenden wahrgenommen werden. Unsere Themen gehen weit über das Campusleben hinaus und sind deshalb ebenso für Leser interessant, die nicht an der HMKW studieren. 

"Wir freuen uns über alle, die einen Beitrag leisten wollen: Autoren, Grafiker und engagierte Kommilitonen für die Bereiche Marketing, Online und Fundraising."

Sie beschreiben das Magazin als „ein Experiment“, in dem „die Strukturen fluktuieren“. Wurden alle Artikel bisher von HMKW-Studierenden geschrieben? Ist obacht_ mit einem bestimmten Fachbereich an der HMKW verbunden?

Thorsten: Die fluktuierenden Strukturen zeigten sich schon nach Fertigstellung der ersten Ausgabe, als unser Art Director seine Stelle aus zeitlichen Gründen abgeben musste. Mit sowas muss man rechnen, weil wir durch Studium und Job ziemlich ausgelastet sind.

Ciara: Alle Artikel wurden und werden von Studierenden der HMKW verfasst. Wir freuen uns über alle, die einen Beitrag leisten wollen — unabhängig vom Studiengang. Wir suchen nicht nur nach Autoren und Grafikern, sondern auch nach engagierten Kommilitonen für die Bereiche Marketing, Online und Fundraising.

Wie lange dauert die Arbeit an einer Ausgabe und wie viele Leute sind involviert? 

Thorsten: Vom Themenvorschlag bis zum Launch rechnen wir mit etwa vier Monaten. Das kann jedoch durch die Semesterferien abweichen. Derzeit sind wir elf Journalisten, zehn Grafiker und zwei Fundraiser. Unser Wunsch ist es natürlich, viele Entscheidungen basisdemokratisch herbeizuführen. Gerade in der Anfangsphase ist das nicht leicht, deshalb braucht es gewisse Verantwortlichkeiten. 

Ciara: Neben uns gibt es in der Chefredaktion noch den CvD Robert Rienass und den Art Director Tom Reed (vorher Bastian Ötken).

Jede Ausgabe hat ein bestimmtes Thema. Haben Sie sich an anderen Zeitschriften wie z.B DUMMY orientiert? Wie wählen sie die Themenbereiche? Verraten Sie uns das Thema für die nächste Ausgabe?

Thorsten: DUMMY und brand eins sind gute Beispiele, wie erfolgreicher Print-Journalismus funktioniert. Innerhalb der Monothematik kann man sich journalistisch wie gestalterisch austoben. Durch unseren Erscheinungsrhythmus sind wir nicht an aktuelle Themen gebunden. Wir lassen uns bei der Themenauswahl Zeit und diskutieren viel darüber. Am Ende stimmen wir per Mehrheitsentscheidung ab. Das Thema für die zweite Ausgabe ist "Sicherheit". 

Das Thema dieser Ausgabe ist "Sucht". Ein spannendes, kontroverses Thema. Gibt es etwas Neues, was Sie im Zuge der Arbeit und Recherche des Themas gelernt haben?

Thorsten: Uns wurde häufig die Frage gestellt, wieso wir ausgerechnet Sucht als erstes Thema für das Magazin gewählt haben. Dabei ging es den Autoren vor allem um die Herausforderung, die ein sensibles Thema mit sich bringt. Ich habe bei meinem Porträt über den Journalisten und Ex-Junkie Jörg Böckem gelernt, wie wichtig es ist, als Journalist sorgfältig und gewissenhaft zu arbeiten — vor allem beim Umgang mit vertraulichen Informationen. 

Das Design ist auffällig, schlicht, elegant in schwarz-weiß. Gibt es hier Vorbilder?

Thorsten: Nein. Das Schöne an einem Studentenmagazin ist, dass es ein schon fast undefinierbares Subgenre ist. Das Grafikerteam hat nur ein paar generelle gestalterische Entscheidungen getroffen und ist glücklich, dass es zu einem zusammenhängenden Design gekommen ist. Die schwarzen Farbflächen und das schlichte Layout unterstützen die Dunkelheit, die das Thema Sucht mit sich bringt. In Zukunft wollen wir versuchen, uns noch viel mehr von den Texten und dem Leitthema in der Gestaltung inspirieren zu lassen. 

Ciara: Mit der Erfahrung können wir von Ausgabe zu Ausgabe interessanter, farbiger und heterogener werden und für obacht_ einen eigenen hochwertigen Stil entwickeln, der von einer unschuldigen Ehrlichkeit unterstrichen wird.

"Der Lernprozess ist enorm. Es ist eine einmalige Erfahrung, ein Magazin zu gründen. Man fängt an, Dinge von einer anderen Perspektive zu sehen."

Wie sieht die Zukunft aus? Wenn Sie von der HMKW graduieren, wird das Magazin weitergeführt? 

Ciara: Zuerst wollen wir schauen, wie das Magazin an der HMKW ankommt und möglichst viele Studierende finden, die das Projekt unterstützen möchten. Derzeit verfolgen wir die Ziele, unsere Auflage zu erhöhen und Kooperationen mit anderen Magazinen einzugehen. Die Chefredaktion bleibt vorerst erhalten. 

Thorsten: Wir versuchen, eine Infrastruktur aufzubauen, die auch nach unserem Abschluss funktionieren kann. Es wäre ein schönes Gefühl, die HMKW in fünf Jahren zu besuchen, während die Studierenden in einem Newsroom an der neusten Ausgabe von obacht_ arbeiten.

Wie fühlen Sie sich? Was haben Sie bei der Arbeit an der ersten Ausgabe gelernt? 

Ciara: Als ich die Ausgabe zum ersten Mal gesehen habe, kamen mir die Tränen. Das ganze Team hat tolle Arbeit geleistet, unabhängig von Erfahrung und Semester. Wir sind zufrieden mit der ersten Ausgabe, wissen aber auch, dass es Luft nach oben gibt. Der Lernprozess ist enorm. Es ist eine einmalige Erfahrung, ein Magazin zu gründen. Man fängt an, Dinge von einer anderen Perspektive zu sehen. 

Thorsten: Das kann ich bestätigen. Durch das Magazin habe ich gemerkt, dass mehr als nur Textarbeit dazu gehört. Der richtige Blick für Gestaltung und Fotografie, Details wie Infoboxen und Statistiken, presserechtliche Fragen, Finanzierung und Gewerbeanmeldung, Zeitmanagement, interne und externe Kommunikation, Vermarktung — das Gesamtpaket ist schon ein heftiger Brocken. Aber es macht auch Spaß, obwohl es manchmal ganze Nächte kostet.

Wie sehen sie die Zukunft für angehende Publizisten und Journalisten?

Thorsten: Ich habe von Kommilitonen gelernt, dass Nachwuchsjournalisten mit der ständigen Angst leben, niemals im Beruf Fuß zu fassen. Die Qualitätsmedien bauen Stellen ab und nerven mit veralteten Hierarchien. Es geht darum, wer die größte Klappe und die besten Kontakte hat. Das ist schade, weil begabte Autoren auf der Strecke bleiben. Das hat nichts mit Lügenpresse zu tun, sondern mit längst überfälligen Reformen. Es geht aber auch anders. VICE ist ein tolles Beispiel, wie sich ein modernes Medienunternehmen verhalten sollte. 

Welche anderen Magazine im Print-Journalismus lesen Sie persönlich am liebsten? 

Ciara: brand eins. Die Chefredakteurin Gabriele Fischer ist für mich ein Vorbild. Frauen haben es nach wie vor schwer, in Führungspositionen zu kommen. Das ist im Verlagswesen nicht anders, was sich in der deutschen Presselandschaft beobachten lässt.

Thorsten: Ich interessiere mich für alle Magazine, die mit Politik und Popkultur zu tun haben. Zum Beispiel Spex oder die mittlerweile leider eingestellte DeBug. Im Abo lese ich die konkret. Die ist ziemlich verschroben und altbacken, aber rhetorisch so scharfzüngig wie kaum ein politisches Magazin in Deutschland.

Ciara und Thorsten, vielen Dank für das Interview!

obacht_ ist auf Facebook und ab 13. April online!